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Applikationen nähen – Kinderkleidung mit Stoffresten aufwerten

Auf Kinderkleidung eigene Applikationen nähen – so individualisierst du ein Sweatshirt einfach selbst, denn Applikationen sind wahnsinnig vielseitig einsetzbar. Das Zusammenspiel aus Farbe, Form und Material eröffnet grenzenlose Möglichkeiten und ist die perfekte Möglichkeit, um auch kleinste Stoffreste zu verwerten. 

Vor kurzem war ich mit meinem Sohn im Geschäft und wir haben ein grünes Sweatshirt mit applizierten Buchstaben aus Bouclé gesehen. Das gefiel ihm auf Anhieb und er wollte auch “einen grünen Pullover mit Buchstaben drauf”. 

Ehrlich gesagt habe ich mich über diesen konkreten Wunsch riesig gefreut. Ich wollte schon lange Applikationen ausprobieren, konnte aber nicht über meinen Schatten springen und bunte Traktor-Teile ausschneiden und aufnähen. 

Buchstaben – genau mein Geschmack! Und ein paar Stücke Teddy-Plüsch hatte ich auch noch in der Stoffreste-Schublade. Ich habe mich daran gewagt und festgestellt: das ist ja echt easy und macht richtig viel Spaß! 

Mit ein bisschen Vorbereitungen sind Applikationen einfach umzusetzen und eine weitere tolle Art, handgemachte Lieblingsteile entstehen zu lassen. Ich zeige dir, wie es geht und was du dafür brauchst. 


Was sind eigentlich Applikationen?

Applikationen sind alle Arten von dekorativen oder kaschierenden Elementen, die man auf Kleidung “aufbringt”, also appliziert. Der Wortursprung ist französisch oder englisch von “to apply” oder “appliquer” (anbringen, anwenden). Dabei werden die Applikationen von Hand oder mit der Nähmaschine aufgenäht oder geklebt.

Du erinnerst dich doch sicher an die Bügelbilder und Flicken, die schon unsere Eltern und Großeltern auf durchgescheuerte Hosen genäht oder geklebt haben? Das sind ganz praktische Applikationen, die in erster Linie verschlissene Kleidung repariert haben. 

Wir kennen dekorative Applikationen ebenso aus der Haute Couture, wo sie oft besonders kunstvoll und ausgeschmückt sind. Besonders feine Seiden- oder Paillettenapplikationen, die Silhouette betonen oder umspielen sind seit Jahrhunderten ein Zeichen von femininer Eleganz und Wohlstand. 

Doch auch in unserer Alltagsmode finden wir heute zahlreichen Applikationen. Besonders Kinderkleidung ist oft mit verspielten, bunten oder niedlichen Designs versehen. Doch auch unsere Erwachsenenmode ist häufig mit Patches, Aufnähern, Buchstaben oder größeren Labels verziert.

Aus welchem Material du Applikationen nähen kannst

Es gibt eine Fülle an Dingen, die man applizieren kann. Für den Alltag ist natürlich wichtig, dass die verwendeten Materialien praktisch und waschbar sind. So eignen sich edle Steine, Holzperlen, zarte Pailletten oder anderes Bastelmaterial nur bedingt, da sie dem Waschen in der Waschmaschine oft nicht gewachsen sind. 

In der Alltagsmode werden daher oft folgende Materialien für Applikationen genutzt:

  • Stoffe aller Art – Webware oder Maschenware eignen sich hervorragend und sind in unendlicher Vielfalt verwendbar. Gerade die zu Hauf vorhandenen Stoffreste sind eine wahre Fundgrube und warten nur auf ihren Einsatz als Applikation.
  • Filz – ein robustes Material, das sich sauber zuschneiden lässt und nicht ausfranst.  
  • Spitze – gerade für feminine Kleidungsstücke ein Hingucker und sollte mit viel Fingerspitzengefühl, am besten von Hand, appliziert werden.
  • Leder, Kunstleder, Snappap – relativ leicht in der Verarbeitung können auch hieraus beispielsweise Patches aufgenäht oder vorsichtig aufgebügelt werden.
  • Bänder und Borten – Können problemlos aufgenäht werden.
  • Bügelpatches, Stickmotive – Fertig gekauft oder per Maschine oder Hand gestickt und vorbereitet, können sie super einfach sowohl gebügelt als auch aufgenäht werden

Wie werden Applikationen aufgebracht?

Alle Arten von Applikationen können geklebt/gebügelt oder genäht werden. Häufig werden auch beide Techniken kombiniert, um einen größtmöglichen Halt und Langlebigkeit zu erzielen. 

Genäht werden kann von Hand, wenn man dafür die Geduld und Muße hat (habe ich persönlich nicht 😅) oder mit der Nähmaschine. Gerade das Applizieren von Hand weckt Kindheitserinnerungen an Schwimmabzeichen, die mit einem unsichtbarem Leiterstich auf die Badeanzüge genäht wurden.  

Diese Stichvarianten sind dabei die gängigsten:

Zickzackstich

Dieser Stich wird besonders häufig verwendet und fixiert die Applikation bombenfest am Kleidungsstück. 

Je nach Geschmack kann eine größere oder kleinere Stichlänge und -breite gewählt werden. Je kürzer die Stichlänge, desto weniger sichtbar ist der einzelne Stich. 

Gerade das Nähen um spitze Ecken und Rundungen erfordert ein wenig Übung. Hier gibt es von Müller und Sohn wertvolle Tipps und eine sehr gute Erklärung zur richtigen Technik und der Stichanordnung. 

Geradestich

Sehr gut kann man bei nicht fransenden Stoffen, Filz oder fertigen Patches einen Geradstich verwenden. Er eignet sich auch bei Wendeapplikationen, die vorher rechts auf rechts genäht, dann gewendet wurden und somit eine versäuberte Kante haben.

Teddyplüsch, Cord- oder auch Frotteereste schaffen als Applikation Dimension und eine spannende Haptik. Hier appliziert im Zickzack- oder Geradstich.

Schling-, Kamm- oder Langettenstich

Ein oft von Hand genähter Stich, der der Applikation einen etwas rustikaleren und handgemachten Charakter gibt. Auch einige Maschinen können diesen Stich nähen.

Mich erinnert dieser Stich immer an die allerersten Nähprojekte aus dem Kindergarten. Da haben wir kleine Täschchen und Tiere aus Filz genäht und die Kanten mit einem Schlingstich geschlossen.

Kann ich als Anfänger Applikationen nähen?

Ja, trau dich einfach! Was kann schon schiefgehen? Ich würde die erste Applikation nicht auf dem Pullover üben, den du gerade aus dem schönsten Stoff genäht hast.

Such dir vielleicht ein Kleidungsstück, das seine besten Tage gesehen hat und mach es dir zur Aufgabe, ihm ein neues Leben zu schenken. Ein Loch oder einen Fleck mit einer Applikation zu kaschieren ist bereichernd und macht stolz. Und falls etwas schief geht oder das Ergebnis nicht so wird, wie du es dir vorgestellt hast, ist es auch kein Drama.

Gerade beim Applizieren von Hand lernst du noch einmal eine ganze Menge über die Nähtechniken und wiederholst ganz nebenbei die Grundstiche. 

Aber auch wenn du, wie ich in diesem Beispiel, an der Nähmaschine applizierst, ist das mit ein bisschen Fingerspitzengefühl und der richtigen Vorbereitung gar kein Problem für Anfänger. Im Gegenteil, Applikationen sind eine tolle Übung, um wirklich langsam, sauber und mit Bedacht zu nähen.

Das brauchst du für die Umsetzung

30 Min | EASY

Gute Vorbereitung ist aus meiner Sicht bei Applikationen super wichtig, um sich später nicht zu ärgern. Dazu benötigst du:

  • das Kleidungsstück, auf das du die Applikation nähen möchtest
  • Stoff- oder Filzreste bzw. dein Motiv für die Applikation
  • Haftvlies, z.B. Vliesofix oder Prym Kreativ-Vlies
  • Stickvlies
  • Stift zum Anzeichnen
  • Skalpell oder Papierschere
  • Schere
  • Maßband oder Handmaß
  • Nähgarn (Allesnäher)

Optional:

  • Nähmaschine
  • Schneideplotter mit Option zum Stoff schneiden
  • Transferfolie

Tipp: Ich hatte kein Haftvlies und habe mir eine alternative Lösung überlegt: zur Verstärkung des Stoffes habe ich normale, nicht zu steife Bügeleinlage (Vlieseline) verwendet. Die Buchstaben habe ich dann zur Fixierung mit kleinen Streifen WonderTape auf dem Pullover fixiert. Das ist natürlich ein Arbeitsschritt mehr, deutlich schneller geht es direkt mit doppelseitigem Haftvlies. 

Wenn du die Arbeit mit Applikationen aber nur einmal ausprobieren möchtest, ohne dafür einen Zuschnitt oder eine Rolle Haftvlies zu kaufen, ist dies eine Lösung, die gut funktioniert. Ebenso könntest du die Applikation statt mit WonderTape oder anderem doppelseitigem Textil-Klebeband mit Nadeln fixieren. Das ist allerdings etwas fummeliger und verrutscht leicht wieder.

So einfach geht’s

Schritt 1

Bügle das Haftvlies ohne Dampf für einige Sekunden auf die linke Seite des Stoffes, aus dem du das Motiv oder die Buchstabend ausschneiden möchtest. Durch das Vlies wird die Applikation verstärkt und versteift. 

Falls du ein Motiv aus Jersey oder anderem elastischen Material auf einen Stretchstoff applizierst und die Dehnbarkeit beibehalten möchtest, eignet sich als Haftvlies “Strechfix” von Vlieseline. Das kann z.B. bei großflächigen Applikationen auf T-Shirts wünschenswert sein.

Schritt 2

Übertrage das Motiv spiegelverkehrt auf die linke Seite, also auf die Seite mit dem Haftvlies. 

Falls du einen Schneideplotter verwendest, kannst du dir diesen Schritt natürlich sparen und einfach dein Motiv in der Software deines Schneideplotters vorbereiten. Denk auch hier daran, Buchstaben zu spiegeln.

Schritt 3

Schneide dein Motiv mit dem Skalpell oder der Papierschere exakt aus oder nutze dafür den Schneideplotter. Ich würde für den Zuschnitt von Vlies nicht zur Verwendung deines Rollschneiders oder der Stoffschere raten, sondern diese wirklich nur für Stoffe nutzen.

Wenn du den Plotter verwendest, ist es bei sehr fusseligen Stoffen ratsam, die rechte Stoffseite mit Transferfolie abkleben, bevor du den Stoff mit der rechten Seite auf die Schneidematte legst. Das erspart die Reinigung der Matte. 

Ich habe den Schneideplotter mit Rollklinge verwendet und musste einige Buchstaben von Hand ein wenig nachschneiden.

Außerdem habe ich den Plüsch an den Kanten ein wenig zurückgeschnitten, damit die Buchstaben sauber geformt sind.

Schritt 4

Zieh das Papier vom Haftvlies ab und positioniere dein Motiv oder deine Buchstaben an der passenden Stelle des Kleidungsstückes. 

Arbeite hier möglichst genau, miss die Abstände von den Armnähten und vom Halsausschnitt. Ich habe die obere Kante der Buchstaben etwa 7,5 – 8 cm vom Halsausschnitt positioniert.

Schritt 5

Lege vor allem bei Strickstoffen oder z.B. Jersey ein Stück Stickvlies unter den Bereich, in dem du applizierst. Durch das Stickvlies verzieht und wellt sich das Kleidungstück beim Nähen der Applikation nicht. 

Bei Webware kannst du eventuell auf das Stickvlies verzichten.

Schritt 6

Fixiere deine Applikation nun per Hand oder an der Nähmaschine mit dem gewünschten Stich. Ich habe mich für einen knappkantigen Geradstich entschieden, um den Teddyplüsch möglichst flauschig zu lassen und viel Relief zu haben. 

Denk bei Buchstaben auch daran, die inneren Kanten knappkantig abzusteppen, damit sich hier nichts löst.

Bei einem Zickzackstich wähle eine kurze Stichlänge und lockere eventuell etwas die Oberfadenspannung. Teste am besten vorher auf einem Reststück, welche Einstellungen für dich passen.

Voilà!

Zusammenfassung

Applikationen nähen ist, wie auch schöne Versäuberungen, eine weitere tolle Möglichkeit, ein einfaches Kleidungsstück genau in deinem Stil auf das nächste Level zu heben. 

Du kannst in deinen Stoffresten wahre Schätze finden und daraus eigene Patches entwerfen, Buchstaben ausschneiden oder Motive von Lieblingsstoffen wiederverwenden. 

Auch, wenn wir heute vor allem dekorative Applikationen nähen, ist das Erlernen der Technik eine super Gelegenheit, in Zukunft wieder mehr Kleidung zu flicken. Kleine Löcher oder Flecken können wir mit Stoffresten reparieren und so manchem Lieblingsstück ein zweites, vielleicht noch cooleres Leben schenken. 

Für mich persönlich ist das auch ein echter Ansporn, mich mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit und Nähen zu beschäftigen und zu schauen, welche Kleidungsstücke ich so noch retten kann. 

Alles Liebe, Julia

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