Wollwalk nähen – Alles über Wollwalk, Wollfleece, Loden etc.

Vor einiger Zeit habe ich mir ein neues Projekt in den Kopf gesetzt: für meine Kinder eine Bomberjacke und einen Babyoverall aus Wollwalk nähen. Also machte ich mich auf Stoffsuche und schnell stand ich vor Begriffen, die alle ähnlich klangen und wusste nicht so recht, wonach ich suchen sollte. 

Wollwalk, Wollfleece, Kuschelwalk, Walkloden  – alle sahen ähnlich aus und doch musste es ja Unterschiede geben. Ich recherchierte, las und verglich und kam allmählich hinter die Geheimnisse der verschiedenen Walkstoffe.

Welche Unterschiede gibt es, wie werden Wollwalk Stoffe hergestellt und welcher Wollwalk eignet sich für welche Nähprojekte? Das und mehr erfährst du in diesem Artikel. 

Aber fangen wir vorne an:


Warum Kinderkleidung aus Wollwalk nähen?

Walk ist seit Jahrhunderten ein beliebter Stoff für Jacken, Overalls, Hosen und Accessoires, insbesondere auch für Kinder. Kein Wunder – die Liste der positiven Eigenschaften von Wolle und besonders Wollwalk ist lang und es gibt nur wenige Nachteile:

Vorteile 
  • Wärmeregulierend und atmungsaktiv – Wärme wird gehalten, Schweiß wird abtransportiert
  • Wasser- und schmutzabweisend dank des natürlich vorhandenen Wollwachses
  • Pflegeleicht – mehr zur Pflege liest du hier
  • Robust und langlebig – die gewalkten Fasern machen auch wildes Toben mit
  • Natürlicher, biologisch abbaubarer Rohstoff, Produktion ohne Chemikalien
  • Antibakteriell und antistatisch
  • Schwer entflammbar
Nachteile
  • Faser tierischen Ursprungs, unbedingt auf Herkunft der Wolle und Haltung der Tiere achten
  • Nicht wasserdicht
  • Hoher Anschaffungspreis
  • Je nach Qualität und Sensibilität kann der Walk als kratzend empfunden werden

Merinowolle und ihre Herkunft

Da Wolle von lebenden Tieren gewonnen wird, ist es aus meiner Sicht wichtig, hier genau auf die Herkunft des Materials zu achten.
 
Leider wurde und wird immer noch viel Wolle, insbesondere Merinowolle, unter höchst fragwürdigen Bedingungen gewonnen. Ein Großteil der Merinowolle stammt aus Australien und Neuseeland, wo das umstrittene und für die Tiere schmerzvolle Mulesing eine weit verbreitete Methode der Schädlingsbekämpfung am Tier war und leider teilweise noch ist.

Achte deshalb vor dem Stoffkauf am besten auf die Bezeichnung “kbT” und “Mulesing-frei”, was bedeutet dass die Wolle aus “kontrolliert biologischer Tierhaltung” stammt und auf Mulesing verzichtet wird.

Wie wird Wollwalk hergestellt?

Walk wird in einem mechanischen Prozess ohne Verwendung von Chemikalien hergestellt. Diese Art der Herstellung nennt man Walken. 

Der Wortursprung ist altdeutsch vom Wort walchan und bedeutet “kneten”. Tücher wurden vor Jahrhunderten mit den Füßen geknetet, also gewalkt. Dies war ein echter Beruf – der des Walkers. Daraus hat sich übrigens im Englischen später auch das Verb “to walk” entwickelt, vom mit den Füßen treten hin zum gehen.   

Hochwertiger, klassischer Wollwalk wird aus 100% Schurwolle hergestellt. Es gibt jedoch inzwischen auch eine große Auswahl an Woll-Mischgeweben wie Wolle/Baumwolle oder Wolle/Polyester, meist etwas erschwinglicher als reine Wolle.

Vor dem eigentlichen Walken wird die Schafschurwolle zunächst natürlich gesponnen und dann in lockeren Maschen gestrickt. 

Der Strickstoff wird dann gewalkt, das heißt, die Fasern werden unter Zugabe von Wasser und Wärme aneinander gepresst und bewegt. Dabei reiben sie aneinander bis sie miteinander verfilzen. Durch die Wärme und die Feuchtigkeit quellen die Wollfasern auf und verhaken sich miteinander.

Beim Walken schrumpft der Strickstoff zusammen, dabei werden winzige Luftblasen eingeschlossen, die später beim Tragen wärmeregulierend funktionieren. Der gewalkte Stoff ist also deutlich kleiner, als der ursprüngliche Strickstoff.

Diesen mechanischen Prozess konntest du so ähnlich vielleicht schon einmal bei einem Kleidungsstück aus Wolle bemerken, das versehentlich in die Waschmaschine geraten ist. Zu warm gewaschen und zu stark geschleudert, verfilzen die Fasern. Der ehemals weiche und kuschelige Pullover fühlt sich fest an und ist viel zu klein. Super ärgerlich – aber so geht Walken. 😉

Wollwalk, Wollfleece, Walkloden, Kuschelwalk, Filz – was sind die Unterschiede?

Wollwalk

Wie oben beschrieben entsteht Wollwalk aus einem Woll-Strickstoff, der kontrolliert verfilzt wird. Er enthält dadurch den schweren, robusten und wärmenden Charakter. Da Wollwalk ein Strickstoff ist, bleibt eine gewisse Elastizität vorhanden und er passt sich dem Körper beim Spielen und Toben super an. 

Wollwalk eignet sich also wunderbar für warme Kinderkleidung für die Herbst- und Wintermonate, kann durch die temperaturregulierenden Eigenschaften aber auch das ganze Jahr getragen werden.

Wollwalk gibt es in verschiedenen Dicke, bzw. Grammaturen. Je höher die Grammatur pro m2 oder Laufmeter, desto dichter und schwerer ist der Stoff und die entsprechende wärmende Eigenschaft. Hohe Grammaturen ab 400 g pro m2 eignen sich hauptsächlich für Outdoorkleidung, während leichtere Stoffe auch für Pullover, Jäckchen oder Kleider verwendet werden kann. Sehr viele hilfreiche Informationen über die verschiedenen Grammaturen teilt Karoline Richter hier.

Schwerer Soft-Wollwalk aus 100% Schurwolle, ca. 580g/m2

Wollfleece/ Merinofleece

Wollfleece entsteht, wie Walk, aus einem Strickstoff aus Schurwolle oder Merinowolle. Allerdings wird er nicht gewalkt sondern beidseitig durch Bürsten angerauht. Dadurch stellen sich die Fasern auf, auch hier werden im Prozess Luftkammern eingeschlossen. Es entsteht ein weicher, kuscheliger und wärmender Wollstoff. 

Wollfleece ist weniger robust, fest und etwas winddurchlässiger als gewalkter Stoff, bringt aber durch die Elastizität und den Kuscheleffekt einen tollen Tragekomfort. 

Da Wollfleece gefühlt etwas weniger wärmt, eignet es sich für Übergangskleidung und insbesondere Overalls, Hosen und Jacken für Babys. Da die Kleinsten oft getragen werden oder warm eingekuschelt im Kinderwagen liegen, ist das weiche und anschmiegsame Wollfleece für die Minis noch angenehmer zu tragen und trotzdem warm genug. 

Kuschelig weicher Merino-Wollfleece – ideal für Babys

Walkloden

Walkloden entsteht ebenfalls durch den mechanischen Prozess des Walkens. Allerdings ist die Grundlage ein Woll-Webstoff, kein Strickstoff. 

Loden hat daher ähnliche Eigenschaften wir Wollwalk, ist jedoch nicht dehnbar. Die Oberfläche ist etwas glatter und der Stoff insgesamt leichter als Walk. 

Loden wird häufig für die Herstellung von Trachtenmode verwendet oder für mittelschwere Jacken und Mäntel. Auch zum Polstern oder für die Herstellung von Kissenbezügen wird Loden oft genutzt. 

Kuschelwalk/ Merinowalk

Kuschelwalk ist keine geschützte Bezeichnung, oft gemeint ist aber feiner Walk aus Merinowolle. Dieser wird im gleichen Prozess wie andere Walkstoffe hergestellt. Die leichte und gekräuselte Struktur der Wolle vom Merinoschaf geben dem Stoff dabei eine ganz weiche, kuschelige Haptik. Perfekt für Kinder- und Babykleidung. 

Dieser besonders hochwertige Stoff hat natürlich auch seinen Preis, der sich –  je nach Projekt – aber durchaus lohnt. 

Filz

Hochwertiger Wollfilz wird aus reiner Wolle hergestellt, oft findet man aber auch Filz aus anderen Fasern wie Viskose, Polyester und Polyamid. 

Die Fasern werden ebenfalls mechanisch gewalkt, also mit Wärme, Wasser und Bewegung gepresst und miteinander verfilzt (Walkfilz), oder mit Nadeln ineinander gestochen (Nadelfilz). Allerdings wird Filz vorher nicht gestrickt oder gewebt. 

Dünner Filz aus Viskose

Er ist in Platten oder als Meterware erhältlich. Gerade in dünnen Ausführungen ist Filz allerdings nicht sehr reißfest oder robust. Filz ist eher rauh, weist keine dehnbaren Eigenschaften auf und eignet sich deshalb nur bedingt für Kleidung. Er findet oft seinen Einsatz im Bastelbereich (Achtung – Bastelfilz ist meist nicht waschbar), kleineren Accessoires oder in der Mode in Form von Applikationen.

Walkstoffe in der Übersicht

StoffartHerstellungEigenschaftenEinsatzbereiche
Wollwalkgewalkter Strickstoff aus Wolledick und robust
wärmend, temperaturregulierend
franst nicht aus, keine Versäuberung notwendig
warme Overalls, Jacken, Westen, Hosen etc.
vor allem Kinderkleidung
Hausschuhe
Kuscheltiere
Wollfleecegebürsteter Strickstoff aus Wolleweich und kuschelig
wärmend, temperaturregulierend
leicht winddurchlässig
franst nicht aus, keine Versäuberung notwendig
Übergangskleidung
Overalls, Jacken, Westen, Hosen 
Schühchen/ Hausschuhe
ideal für  Babys
Kuscheltiere
Walklodengewalkter Webstoff aus Wolleleichter und glatter
wärmend, temperaturregulierend
franst aus, muss versäubert werden
Trachtenmode
Interior & Polsterstoffe, z.B. Kissenhüllen
Kuschelwalkgewalkter Strickstoff, oft aus Merinowolleweich, kuschelig und wärmend, temperaturregulierend
franst nicht aus, keine Versäuberung notwendig
siehe Wollwalk
perfekt für Kinderkleidung, weniger dick als Wollwalk
FilzWolle oder andere (Kunst-)Fasernrauh und fest
nicht dehnbar
franst kaum aus, muss nicht versäubert werden
kann ausreißen
Applikationen
Taschen
Schlüsselanhänger
Basteleien

Wollwalk pflegen – worauf achten?

Wolle ist eine selbstreinigende Naturfaser, die kaum großer Pflege bedarf. Hier ist, wie so oft, weniger mehr. Du kennst das sicher von deiner eigenen Wollkleidung. 

Meist genügt es, die Kleidungsstücke regelmäßig zu lüften, denn Wolle ist antibakteriell und geruchshemmend. 

Bei gröberer Verschmutzung oder nach einem Ausflug in den Matsch, lasse ich die Kleidung trocknen, danach kann man den verbliebenen Dreck meist einfach abschütteln oder abklopfen. 

Sitzt der Schmutz fester oder hat sich durch das Tragen leichtes Pilling gebildet (gerade bei Wollfleece kommt das vor), kann ausbürsten mit einer speziellen Bürste helfen. 

Und wenn gar nichts mehr geht? 😉 Natürlich kannst du Wollwalk auch schonend waschen. Am bestern per Handwäsche oder im Wollprogramm, ohne/mit wenig Schleudern in der Waschmaschine. Nutze am besten ein hochwertiges, pflegendes und rückfettendes Waschmittel, mir wurde z.B. oft das Olivenwaschmittel von Sonett empfohlen. 

Nach dem Waschen solltest du Wollwalk, wie alle Wollstoffe, flach liegend trocknen und bei Bedarf ein bisschen in Form ziehen. 

Viele tolle Informationen zur Pflege und eine Anleitung für eine Wollkur findest du auch in diesem umfangreichen Video von Nastja von DIY Eule

Wollwalk vorwaschen – ist das notwendig?

Als ich mir diese Frage gestellt habe, habe ich mich einfach an die Regel gehalten: gehe vor dem Nähen so mit dem Stoff um, wie du es auch im Alltag tun würdest. 

Und wenn ich meinen Alltag sehe, gehe ich einfach davon aus, dass die Kleidung vielleicht doch das ein oder andere Mal “richtig” gewaschen werden soll. 😉 Damit dann nach dem Waschen noch alles passt, habe ich mich für ein Vorwaschen der Walkstoffe entschieden. 

Ich habe Wollwalk, Wolle-Seide-Jersey und Wollbündchen dabei farblich sortiert zusammen vorgewaschen. Ich habe mit dem Wollwaschgang meiner Waschmaschine gute Erfahrungen gemacht und die Stoffe bei 30° C und 400 Umdrehungen Schleudern gewaschen. 

Anschließend habe ich alles flach liegend getrocknet und leicht in Form gezogen. Das hat gut geklappt und die Stoffe sind bereit zur Verarbeitung.

Wollwalk nähen – wie schwierig ist es?

Das erste Mal Wollwalk nähen – herausfordernd oder machbar? Ich hatte bei der ersten Verarbeitung des Wollwalks ehrlich gesagt ziemlich Respekt. Gerade bei hochwertigen und teuren Stoffen, scheue ich mich oft vor Zuschnitt und Verarbeitung, aus Angst, einen Fehler zu machen und den schönen Stoff zu beschädigen. 

Kleine Fehler gehören natürlich bei jedem Nähprojekt dazu, mir sind bei meinem ersten Wollwalk-Projekt auch ein paar passiert, aber insgesamt hat die Verarbeitung gut geklappt und ist auch für ein wenig geübte Anfänger auf jeden Fall machbar.

Zu Beginn ist es natürlich immer lohnenswert, nach dem Zuschnitt erst an einem kleinen Reststück verschiedene Stiche, Nadeln und Einstellungen zu testen. 

Noch besser: wenn du günstig an Second-Hand-Kleidung aus hochwertigem Wollwalk kommst, ist das ein toller Stoff, um das erste Projekt daraus zu nähen.

Für den Zuschnitt benötigst du eine scharfe Stoffschere oder einen guten Rollschneider. Ich arbeite gerne mit dem Rollschneider, das hat auch bei einem sehr dicken Wollwalk gut funktioniert. 

Zum Nähen verwendest du, wie bei allen Strickstoffen, eine Stretch- oder Jersey-Nadel mit runder Spitze.

Wo Nähte aufeinandertreffen, kann es bei dickem Walk teilweise ganz schön knifflig für die Nähmaschine werden. An diesen Stellen hilft es, ein wenig mit dem Nähfüßchendruck herumzuprobieren und natürlich Stiche mit dem Handrad zu setzen.

Achte also darauf, langsam zu nähen, mehrere Stofflagen vorsichtig mit dem Handrad zu nähen und eventuell eine etwas dickere Nadel zu nutzen, damit sie nicht so schnell bricht. 

Es kann auch helfen, das Nähfüßchen hinten mit einem Stück Karton zu nivellieren und so auf die gleiche Höhe des dicken Stoffes zu bekommen. 

Dadurch, dass Wollwalk nicht franst und gerade Schnittkanten sauber bleiben, muss meist nicht versäubert werden. Ich habe die Nahtzgaben deutlich eingekürzt, damit die Nähte nicht so wulstig werden.

Zusammenfassung

Wollwalk ist ein wunderbares Material mit unzähligen positiven Eigenschaften. Wenn du einmal die Unterschiede verstanden hast, fällt die richtige Stoff-Auswahl zum Projekt auch gar nicht mehr so schwer. 

Meine ersten Nähprojekte mit Wollwalk haben wir viel Freude gemacht, waren aber auch von Herausforderungen begleitet. An die Dicke des Stoffes musste ich mich erst gewöhnen und mich bei der Verarbeitung an einigen Stellen besonders konzentrieren.

Ein tolles erstes Projekt für Wollwalk sind Handschuhe. Hier gebe ich dir Tipps zum Nähen und eine Empfehlung für ein kostenloses Schnittmuster.  

Als nächstes möchte ich einen Babyoverall aus Wollfleece nähen – ich freue mich schon wie Bolle auf diesen kuschelweichen Stoff und bin gespannt auf das Endergebnis. Was ist dein erstes oder nächstes Projekt aus Wollwalk?

Alles Liebe, Julia

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